Eine Leberkässemmel. Mit Senf. Zwiebelsenf. Nicht den Tubenscheiß. Richtigen Estragonsenf mit fein geschnittenen Zwiebeln versetzt. Während ich über die Straße husche, schießt mir das Wasser derart aus meinen Speicheldrüsen, dass ich fast daran ertrinke. Ich spucke auf einen pissgelben Passat, den irgendein Schwachkopf im Halteverbot abgestellt hat und überlege kurz, ob ich der Dreckskarre die Antenne abbrechen soll. Nein, mein Magen schimpft mich einen abgefuckten Hurensohn und die Leberkässemmel manifestiert sich wieder in meinem Kopf. Eine richtig fette Scheibe Leberkäse, mindestens zwei Finger dick. Mit Zwiebelsenf.
Ich erreiche das Marktgelände und lenke meine Schritte zielsicher um die Ecke, als mir ein Kasten von einem Typ den Weg versperrt.
„Halt.“
Er ruft es nicht. Er sagt es nicht mal mit normaler Stimme, vielmehr seufzt er es in meine Richtung. Es klingt wie ein Furz, der zwischen halbseiden zusammengekniffenen Arschbacken herausschleicht um mal nach dem Rechten zu sehen.
Da vorne ist der Imbißstand! Ich kann ihn riechen! Der Scheißtyp steht mit verschränkten Armen vor einer Absperrung und deutet über seine Schulter nach hinten.
„Kannst da nicht durch. Dreharbeiten.“
Ich sehe an ihm vorbei und erkenne tatsächlich ein Set. Eine arschgesichtige Filmcrew wuselt herum, während ein arschgesichtiger Regisseur allen Anwesenden zu verstehen gibt, dass er diese Scheiße eigentlich gar nicht nötig hätte, während arschgesichtige Darsteller abseits stehen, rauchen, sich ihre Arschgesichter von arschgesichtigen Maskenbildnern pudern lassen und sich über das Arschgesicht Federico Fellini unterhalten. Ich will ihnen allen auf der Stelle die Halsschlagadern mit einer abgebrochenen Colaflasche zerfetzen.
„Ich hol mir nur schnell was zu essen.“, gebe ich dem Fleischberg eine letzte Chance.
Er schüttelt den Kopf und macht mit der Hand eine Bewegung, als würde er eine Fliege verscheuchen.
„Verpiss dich.“
Ich. Soll. Mich. Verpissen.
Gerade in dieser Sekunde latscht ein arschgesichtiger Tontyp vorbei mit einem felligen Riesenmikrofon und deutet mit dem Zeigefinger in meine Richtung. Ehe er „Analsex!“ rufen kann, habe ich ihm die Stange, an der das Teil befestigt ist, aus der Hand gerissen.
Er macht „Ey!“, ich trete ihm in die Eier.
Er macht „Uy!“, geht zusammen und ich donnere ihm mein Knie in die Fresse.
Er macht „Urcks!“ und landet furzend auf seinem Arsch.
Er seufzt und verliert auf überaus schwule Art und Weise das Bewußtsein.
Währenddessen hat der Fleischberg einen Schritt in meine Richtung gemacht. Ich habe das Mikrofon von der Stange gerissen, das Fell abgemacht und als das Hurenkind den nächsten Schritt auf mich zumacht, halte ich das Scheißteil von AKG wie ein Messer in meiner Hand und wuchte es mit der Spitze nach vorne in die rechte Augenhöhle von Bigfoot. Mit einem schmatzenden Geräusch gräbt sich das silbern geflochtene Material in die Matschbirne von dem Schwachkopf. Das ging ja leichter, als ich dachte! Er gibt etwas von sich, das nach „Warrruummmmm?“ klingt und schafft es doch tatsächlich seine rechte Riesenpranke um meinen Hals zu legen. Ich ziehe das Mikrofon aus seinem Kopf, ein Schwall Blut spritzt aus der offenen Wunde und ehe die Mißgeburt „Braille“ buchstabieren kann, habe ich die Spitze in seinem linken Auge versenkt. Er lässt mich los und scheint sich zu fragen, was zum Teufel eigentlich schiefgegangen ist. Ich könnte es ihm sagen, aber stattdessen trete ich auch ihm in die Eier. Er grunzt, überlegt kurz und donnert anschließend zu Boden. Als sein Kopf auf dem Beton aufschlägt, treibt er die Spitze des Mikrofons durch seinen Hinterkopf. Ein modernes Kunstwerk aus Blut, Hirn und Knochen. Ich lache ihn aus und drehe mich zu dem Tontypen um. Dieser liegt immer noch bewußtlos am Boden. Ich gehe zu ihm hin, schnappe mir seinen rechten Zeigefinger und biege ihn kurzerhand 180 Grad in Richtung Handrücken. Es knirscht und der Typ seufzt erneut. Ich spucke ihm auf den Kopf und gehe schließlich.
Das Knurren in meinem Magen bringt mich zur Verzweiflung. Mit finsterer Miene stehe ich an der gegenüberliegenden Straßenseite und beobachte die Filmcrew, wie sie ihre Arbeit verrichtet. So wie es aussieht, wird das wohl noch einige Stunden in Anspruch nehmen. Dabei könnte ich so schnell rein und raus. Sie drehen ja auch kaum etwas. In den Pausen könnte ich Dutzende Leberkässemmeln kaufen. Aber nein.
Ich hasse sie. Alle. Passanten lungern vor dem Set herum und schauen aufgeregt zu, tuscheln miteinander und einige Hirnlose haben sogar den Nerv die arschgesichtigen Darsteller nach Autogrammen zu fragen. Kopfschüttelnd und mit geballten Fäusten wende ich mich schließlich von der Szenerie ab und gehe auf dem gleichen Weg retour, auf dem ich gekommen bin.
Als ich an dem pissgelben Passat vorbeikomme, bleibe ich stehen, breche die Antenne ab und gehe weiter. Das Ding fühlt sich gut an in meiner Hand. Ich frage mich wie es sich anfühlen würde wenn ich damit auf ein Gesicht eindreschen würde. Sofort verbessert sich meine Laune. Grinsend und die Antenne schwingend spaziere ich die Straße entlang und denke an meine Leberkässemmel.
Mit Senf. Zwiebelsenf.
Nicht den Tubenscheiß.