Meine Wirbelsäule bringt mich um. Verkrampft sitze ich auf einem Stuhl in einem Wartezimmer, umgeben von stinkenden, hirnlosen, verkrüppelten Idioten, die mich anwidern. Ein dumpfes Pochen geht von meinem Rücken aus, ich könnte vor Wut losheulen. Ich werfe allen finstere Blicke zu, doch keiner scheint auch nur im geringsten Notiz von mir zu nehmen. Jeder konzentriert sich auf seinen eigenen Schmerz. Ich könnte sie alle erlösen. Jetzt gleich, an Ort und Stelle. Ich lasse meinen Blick durch das Zimmer gleiten und entdecke einen Zeitschriftenständer aus Plexiglas. Auseinandergebrochen würde das eine großartige Waffe abgeben, mit der ich diesem Abschaum hier den Gnadenstoß geben könnte. Ehe ich aufstehen und der Drecksbagage den Rest geben kann, öffnet sich die Tür zum Behandlungsraum und der Onkel Doktor bittet den nächsten herein. Das bin ich. Ich stehe grunzend auf, drehe mich um, lache alle aus und folge dem Arzt durch die Tür.
Ich erstarre kurz, als ich ihn erblicke. Ich will auf der Stelle tot umfallen, wenn mich der Wichser nicht an eine Figur aus einem KZ erinnert. Auf Hochglanz polierte Glatze, runde Nickelbrillen, schmallippiges Scheißgesicht und blitzsauberer, schneeweißer Kittel. Ich frage mich, ob er seine rote Schleife mit dem Hakenkreuz darunter trägt. Keine Frage, ich hasse ihn auf der Stelle.
Er fragt, was los ist, ich sage es ihm.
Er stellt mir ein paar beknackte Fragen, ich beantworte sie ihm und frage mich, was der Scheiß soll.
Er bittet mich, mich auf einen Stuhl zu setzen und mich zu entspannen. Mißtrauisch setze ich mich auf den Drehstuhl, von entspannen kann jedoch keine Rede sein. Wenn der Wichser eine falsche Bewegung macht, breche ihm seine gottverdammten Finger!
Dr. Tod kommt um seinen Tisch herum und stellt sich hinter mich. Er schiebt seine Arme unter meine Achseln und ehe ich ihn warnen kann, ja keinen Scheiß zu versuchen, hebt er mich ruckartig hoch und meine Wirbelsäule verwandelt sich innerhalb einer Zehntelsekunde in ein flammendes Inferno aus Schmerzen. Ich brülle wie am Spieß, schüttle ihn ab, schnappe den Drehstuhl, zieh ihm das Ding über den Kopf, wobei eine Kante eine wunderschöne Platzwunde auf seiner Glatze erzeugt. Blut spritzt, ich begrüße es wie einen alten Freund. Blubbern und quietschend gleitet der Sack zu Boden. Ich schnappe mir seine rechte Hand und nehme seinen kleinen Finger zwischen meinen Daumen und Zeigefinger.
„Eins!“ Mit einem lustigen „Knacks!“ breche ich ihm den kleinen Finger. Er quiekt.
„Zwei!“ Mit einem derben „Knircks!“ breche ich ihm den Ringfinger. Er grunzt.
„Drei!“ Mit einem fröhlichen „Krunck!“ breche ich ihm den Mittelfinger. Er seufzt.
„Vier!“ Mit einem lauten „Knörps!“ breche ich ihm den Zeigefinger. Er zischt.
„Fünf!“ Mit einem frechen „Knnaaarcckkks!“ breche ich ihm den Daumen. Er zuckt.
Die gleiche Show ziehe ich in umgekehrter Reihenfolge mit seiner linken Hand ab. 6, 7, 8, 9 und 10! Fertig, auswischen!
Er liegt nur mehr da und rührt sich nicht. Ich stehe auf und spucke ihm auf seine Glatze. Gerade als ich ihm meinen Schuh in die Seite wuchten will, fällt mir auf, dass mein Rücken nicht mehr weh tut. Hm. Scheiße, der Arsch scheint mir den Rücken tatsächlich eingerenkt zu haben. Ich drehe mich zwei Sekunden ratlos um die eigene Achse und mache schließlich, dass ich verschwinde.
Im Vorraum schnappe ich mir, nachdem ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln gewischt habe, das Rezept, das mir die hässliche Sprechstundenhilfe hinhält und verlasse die Ordination. Hinter mir lacht jemand.
Lacht nur, ihr Schweine. Lacht, solange ihr noch könnt.
Wenn ich mit euch fertig bin, werden Tränen fließen.
Jede Menge.