Es ist einfach unglaublich. Kopfschüttelnd stehe ich vor meinem Haustor und sehe in die Wolken hinauf. Wir haben Mitte März und dicke Schneeflocken tänzeln kichernd auf mich nieder. Schnee! Im März! In ein paar Tagen beginnt der Frühling und nun diese Scheiße! Ich hasse Schnee! Schnee taugt einzig und allein dazu, seinen Namen mit Pisse hineinzuschreiben. Schnee hat keine Funktion! Schnee ist ein Arschloch!
Ich ziehe die Schultern hoch und vergrabe mein Gesicht in meinem Jackenkragen. Nachdem ich zweimal mit den Füßen aufgestampft habe, gehe ich los.
Alles ist nass und grau. Die Straßen, die Autos, die Arschgesichter der Menschen, die an mir vorbeihasten und sich gegenseitig verzückt anlächeln. Ich kann ihre Gedanken lesen, sie freuen sich dass sie so spät noch Schnee zu sehen bekommen. Degeneriertes, hirnloses Pack! Sie recken ihre speckigen Hände gegen den Himmel und quietschen vergnügt, als Schneeflocken auf ihren Handflächen landen. Sie tanzen und lachen und umarmen sich gegenseitig. Mir wird so übel, dss ich dem nächstbesten einen heissen Schwall Gallenflüssigkeit ins grinsende Gesicht kotzen möchte.
Eine Gruppe Jugendlicher kommt mir entgegen. Alle mit demselben Gesichtsausdruck. Noch nie im Leben eine Möse oder einen Schwanz gesehen, aber der Schnee ist das Tollste, was ihnen heute passieren konnte. Ich hätte Lust, ihnen wehzutun. Als sie an mir vorübergehen, bete ich, dass einer von ihnen den Fehler macht, mich dumm anzulachen. Oder anzuquatschen. Oder einfach nur anzusehen. Sie passieren mich lachend und nehmen nicht mal Notiz von mir. Das genügt! Ich mache kehrt und gehe ihnen nach. Sie springen herum und versuchen Schneebälle aus dem bißchen Schnee zu formen, der sich auf die Windschutzscheiben der Autos gelegt hat. Lustige Dampfwölkchen erscheinen vor ihren Mündern, als sie sich lachend Schnee in die Frisuren klatschen. Plötzlich bleibe ich stehen. Ich sehe ihnen so lange nach, bis sie um die Ecke verschwinden. Ihre vergnügtes Kichern höre ich noch einige Zeit, bis auch das verstummt.
Ein Brennen macht sich in meinen Händen bemerkbar. Als ich an mir herabsehe bemerke ich, dass ich meine Hände zu Fäusten geballt habe. Meine Nägel stecken in den Handflächen. Als ich die Finger strecke, lachen mir kleine, blutige Münder entgegen. Ich sehe sie mir eine zeitlang an. Schließlich mache ich erneut eine Faust und knalle sie mir gegen die Nase. Schmerz explodiert in meinem Gesicht, es blitzt weiß auf und Blut beginnt sofort aus meinen Nasenlöchern zu tropfen. Ich versuche damit meinen Namen in den Schnee vor mir auf dem Boden zu schreiben. Mit ein bißchen Fantasie kann man ihn dann auch sogar entziffern. Schließlich fasse ich mir an die Nase, mache einen Bauernschneuzer und schmiere mir grünroten Rotz ins Hosenbein.
Lächelnd und mit einem angenehmen Pochen in der Nase gehe ich schließlich weiter. Die Menschen, denen ich begegne denken, dass ich mich mit ihnen über den Schnee freue.
Bei der nächstbesten Gelegenheit werde ich ihnen beweisen, wie falsch sie damit liegen.